Sonntag, 27. Mai 2018

Zeit lassen

Immer wieder bekommt man den Tipp, sich beim Schießen oder Passen Zeit zu lassen. Das hilft die Quote zu verbessern. Trotzdem ist es leichter gesagt als getan. In diesem Artikel durchleuchte ich warum es schwer fällt und wie man lernt seine Zeit zu nutzen.

Lässt man sich länger Zeit, erhöht sich die Quote in der Offensive. Ist man erst im Setup, ist es schwierig, den Gegner mit einer schnellen Option zu überraschen. Spätestens nach einigen Schüssen weiß die Defensive, worauf man achtet und wie man seine Schussauswahl trifft. Das kann z.B. eine Lieblingsoption, Optionenabfolge, eine Wegziehende Puppe oder eine Lücke sein. Je kürzer das Zeitfenster ist, in dem man die Entscheidung trifft, desto vorhersehbarer wird sie. Man sollte also nicht direkt die erste Lücke wählen, sondern mehrere Optionen abwarten.

Das hilft auch dabei, die Schussauswahl abzusichern. Versucht die Defensive zu locken? Hat man die Deckung tatsächlich richtig gedeutet oder gibt es eine sicherere Option. Führt man den Gedanken weiter, kann man auch noch mehr Informationen sammeln. Findet man mehr als eine Bewegung, die man ausnutzen kann, hat man es in der nächsten Situation leichter.

Genauso ist es bei der Wahl der Schusstaktik. Kann man die Deckung mit einer Schusstaktik ausnutzen, wird es erheblich leichter, eine gute Quote zu haben. Danach muss man seine Option aber immer noch abtimen und technisch sauber ausführen. Beides ist deutlich leichter, wenn man in Ruhe einen Moment abwartet, in dem man selbst stark ist.

Durch Variation des eigenen Timings, wird man schwer vorhersehbar und die Quote steigt. Das bloße Zeit lassen ist also noch nicht der Schlüssel zum Glück, sondern das bewusste anpassen der Zeit. Die Informationen für eine schnelle Aktion sollten aber vorher gesammelt werden, um sicher sein zu können, dass sie auch gelingt.

Zu guter letzt gibt einem mehr Zeit auch die Möglichkeit, Fakes anzubringen. Durch antäuschen findet man heraus, was und wie der Gegner verteidigen möchte. Außerdem macht man Druck und kann so den Verteidiger aus dem Konzept bringen.

Doch warum ist es bei diesen ganzen Vorteilen schwierig, sich Zeit zu lassen? Der Grund sind verschiedene Ängste. Wenn man sie aber kennt, kann man sich ihnen stellen und sich auf die Vorteile von Zeit lassen besinnen. Die Ängste sind:

  • Ball verlieren
  • Schuss einschläfern
  • Zu lange Zeit lassen (Zeitfoul)
  • Geblockt werden (Versagen)
  • Gelegenheit verpassen
Die Ängste den Ball zu verlieren und den Schuss einzuschläfern ergeben sich aus technischen Unsicherheiten. Die technischen Probleme können auch erst durch die Angst entstehen. Hier hilft es, sich erfolgreiche Situationen vor Augen zu führen. Denn man hat die Technik vorher schon 1000 Mal richtig umgesetzt. Am besten eignen sich hier entscheidende Situationen in knappen Turnierspielen.

Die Angst ein Zeitfoul zu begehen kommt von fehlender Erfahrung. Da in kurzer Zeit viele Informationen verarbeitet werden, verschiebt sich die Zeitauffassung und es ist schwieriger diese richtig einzuschätzen. Das kann man aber mit der Timing Challenge trainieren.

Die Angst geblockt zu werden oder eine Gelegenheit zu verpassen sind sich sehr ähnlich - man möchte seine Chance nutzen. Der Unterschied ist der Umgang mit dieser Versagensangst. Bei der Angst geblockt zu werden, trifft man eine Entscheidung, die nur wenig Tiefgang hat und auch nicht durch genug Informationen abgesichert wurde. Bei der Angst eine Gelegenheit zu verpassen, wählt man eine schwierige Option, um nicht Gefahr zu laufen, nichts mehr zu entdecken. Typisch für diese Angst ist auch ein schnell ausgeführter, gieriger Schuss, mit dem man den Gegner überraschen möchte. Gemein ist beiden Ängsten, die Verantwortung so schnell wie möglich abgeben zu wollen. Hier hilft es, sich dem Ablauf dieser Fehler bewusst zu werden und sich bewusst zu machen, wie man vorher getroffen hat. 

Erkennt man die Ängste, ist es leichter, sich an die Stärken von Geduld zu erinnern und die oben genannten Vorteile wirken zu lassen. Das kann man unter dem Begriff "Zeit füllen" zusammenfassen. Denn wenn man die Zeit mit Inhalt füllt, ist es leicht, sie auszunutzen.

Sollte man trotzdem Probleme haben, gibt es noch einen Trick für Notfälle. Man geht in das Setup und zählt bis zu einer beliebigen Zahl (z.B. 5, 10, 15). In dieser Zeit schaut man nicht auf die Deckung. Danach startet man seine Routine wie gehabt. Durch die vorher abgezählte Zeit hat man sich mehr Zeit gelassen und sein Timing geändert. So bekommt man zwar nicht alle oben genannten Vorteile einer geduldigen Spielweise, ist aber trotzdem schwieriger zu durchschauen.



Autor: Lukas Übelacker